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Königin der Heilpflanzen

Fordert man Menschen auf, ein Werkzeug, ein Musikinstrument, eine Heilpflanze spontan zu nennen, lauten die Standardantworten: Hammer, Violine, Kamille. Die Kamille ist zum Inbegriff der Heilpflanze geworden, wenngleich sie heute längst nicht mehr alle Menschen sofort erkennen - anders als das Gänseblümchen

Beide sind Korbblütler, beide sehen von der Blüte sogar ähnlich aus: Gelber Blütenkorb mit weißen Randzungenblüten. Dann aber hören die Gemeinsamkeiten auf. Es gibt viele Arten der Kamille, die Acker-, ruthenische-, stinkende-, Färber- oder Hundskamille. Aber nur die echte Kamille gilt als heilkräftig. Warum?

Die echte Kamille unterscheidet sich in einigen wesentlichen Punkten von den anderen Kamillearten - und Heilpflanzen sind ja immer jene, die ein wenig aus der Art geschlagen sind, bestimmte 'Unwuchten' in ihrer Gestaltbildung zeigen, was sie besonders macht. Der auffälligste Unterschied zeigt sich in der Blüte. Keine andere Kamillenart wölbt ihren Blütenboden so stark nach oben, dass darunter sogar ein luftgefüllter Hohlraum entsteht, überstreckt ihn quasi. Stellt man sich einen solch überstreckenden Gestus am Menschen vor, dann ist das meist mit Schmerzen verbunden.

Gleichzeitig fühlt sich der angehobene Blütenboden, wenn man ein Blütchen mal über die Wange streicht, ausgesprochen weich und sanft an. Außerdem hat ein solche luftgefüllter Hohlraum auch einen stoßdämpfenden Charakter. Da an jeder ihrer zahllosen Verzweigungen endständig eine Blüte erscheint, ist sie quasi nach außen hin abgepuffert. 

Ungewöhnliches Wachstumsverhalten 

Spannend wird es, die Pflanze in ihrem Wachstum und Entwickeln zuzuschauen. Da lässt sich zunächst erst mal relativ viel Zeit, bis sie erste Keimblättchen hervorbringt. Kennt man die ausgewachsene Kamille, ist an über die fleischige Form der Keimblätter überrascht, die im ersten Augenblick scheinbar gar nichts mit dem später so fein verästelten, antennenartigen Blattwerk zu tun hat.

Als ich zum ersten mal aufmerksamer Pflanzen beobachtete, taten mir die Kamillen oft etwas leid. Der Boden, auf dem sie wuchsen, wirkte nun alles andere als fruchtbar. Auf Schutthalden, aufgerissenen und aufgekratzen, ausgedörrten Böden, an Standorten, die einen geradezu cholerischen Eindruck vermitteln, ist sie am häufigsten zu finden. Warum nur? Warum tut sich eine Pflanze so etwas an?

Einen logischen Grund dafür gibt es nicht. Es ist die Wesensart der Pflanze, sich genau solche Lebensräume auszusuchen, die ja umgekehrt dann auch entsprechend wenig Konkurrenz verheißen. Es sind quasi 'schreiende Böden, auf den sie wächst und wo sie heilende Arbeit leistet. Sie besänftigt, schafft, ähnlich wie Brennnessel oder Löwenzahn, neuen Grund, damit anderes Lebendige später nachwachsen kann. Ist die Arbeit getan, werden die Böden fruchtbar und humos, verschwindet sie wieder. 

Überstreckte Kamillenblüten

Zum Licht gereckte und überstreckte Kamillenblüten

Hastiges Streben zur Blüte und schnelles Verlöschen

Sobald die Keimblätter aus dem Boden schauen, geht bei der Kamille alles ungewöhnlich schnell. Das Blattwerk, so feingliedrig und sensibel wirkend, schießt rasch empor. Sehr rasch bilden sich erste Blüten, und diese recken und strecken sich dann 'wie besessen' zum Licht. Vielleicht erscheinen Worte wie 'recken' und 'strecken' unpassend für eine Pflanze, aber der Eindruck drängt sich einfach auf. Irgendwann klappen sogar die weißen Zungenblüten ganz nach unten um und biegen sich dabei ein wenig nach außen (anders als bei Echinacea, dem Sonnenhut, der eher eine einhüllende Geste mit seinen umklappenden Zungenblütenblättern zeigt). Auch hier noch mal deutlich betont jenes schon erwähnte Überstrecken. 

Und dann fallen diese Blätter ab, die winzigen Korbblütchen verblühen, werden braun, und die gesamte Pflanze verlöscht. Meist wird sie von unten her gelb - man denkt, das sei ja auch kein Wunder bei so ruppigen Bodenbedingungen. Aber so ist sie in ihrer Natur gebaut. Es ist in ihre DNA eingepreist. Sie fackelt quasi ab. 

Die im Querschnitt fleischlich 'dicken' (sukkulenten) Blätter der Kamille

Wässriger Gegenpol zum überhitzt Feurigen 

ABER: Es gibt zu diesem feurigen, hitzigen Wuchsverhalten bei der Kamille immer eine Gegenbewegung. Im Blütenkopf ist es das Dämpfende und Sanfte gegenüber dem Überstreckenden. Im Blatt ist es das feingliedrig und fädig Ausgezogene, das im Querschnitt eher fleischig und gedunsen wirkt, geradezu sukkulent (also ähnlich wie Kakteen oder Salzpflanzen). Auf diese Weise halten die Kamillenblätter ihr benötiges Wasser bei sich, lagern es ein, was ja an den oft trockenen und hitzigen Standorten auch nötig ist.

Und wenn die Samen entstehen, die im Lebenszyklus einer Pflanze gewissermaßen die Asche darstellen, ist jedes der winzigen Samenkörner von einem dünnen Feuchtefilm umzogen. 

Farbwechsel beim Erhitzen 

Was man der Pflanze nicht direkt ansieht, aber bei ihrer Verarbeitung offenkundig wird, ist die Farbe ihres extrahierten Öls. Die Pflanze duftet ja sehr stark und charakteristisch (im Unterschied zu den meisten ihrer nicht heilwirksamen Verwandten). Das geht auf ätherische Öle zurück. Ätherische Öle sind normalerweise gelb gefärbt - so zunächst auch bei der Kamille. Versucht man aber das Öl durch heißen Wasserdampf zu extrahieren, verfärbt es sich blau. Anders ausgedrückt: Durch Zufuhr des feurigen Elements nimmt das Öl die (kühle) Farbe des Wassers an.

Ganz offensichtlich wirken in der Kamille auf allen Ebenen polare Kräfte gegeneinander. Auf der einen Seite der auffallende Licht- und Feuerbezug (Feuer im Sinne der Vier-Elemente-Lehre von Feuer, Wasser, Erde und Luft), auf der anderen Seite das abdämpfende Element, welches dem Feurigen, verlodernden Einhalt gebietet. In diesem polaren Prinzip liegt der Kern ihrer Heilwirkung. 

Verloschene Kamille

'Verloschene Kamille. Schön zu sehen auch die Gelbfärbung einiger Blätter noch während der Blüte.

Heilwirkungen der Kamille

Die Kamille ist die Heilpflanze, die überschießende feurige Prozesse eindämmt, ablöscht, besänftigt, wieder eingliedert in die wässrige Organisation. Entzündliche Prozesse im feuchten Milieu - das ist ihr eigentliches Einsatzgebiet. Konkret gehören dazu Entzündungen der Mundhöhle, Bindehautentzündungen (beim Auge ist der starke Lichtbezug offensichtlich) und bei vielen, oft mit Fieber einhergehenden Erkältungskrankheiten wie z.B. Grippe. Der generell besänftigende Charakter, das Abdämpfende, wird üblicherweise genutzt zur Behandlung von Bauchkrämpfen, Blähungen, Gastritis u.ä.

Besonders eindrucksvoll bei der Kamille ist zu sehen, wie sehr sich die Signaturen ihres Gestaltausdrucks bis in die unterste Ebene der Biochemie hinein prägen, sprich wie sich bestimmte Eigenschaften teils bis in den einzelnen Wirkstoff hinein verdichten. So heißt es in Wikipedia über ihren Haupt-Wirkstoff Alpha-Bisabolol: "Er wirkt entzündungshemmend auf Haut und Schleimhäute (hier wieder der Feuer-Wasser-Bezug) und wird zur Hautregeneration und Wundheilung nach Verbrennungen oder Sonnenbrand verwendet." Die Ausdrucksprache der Pflanze in ihrer Gestaltbildung ist hier quasi in einem einzelnen Molekül zusammengefasst. Darin liegt auch der eigentliche Grund, warum heilpflanzliche Arzneien in hochkonzentrierter Tablettenform, wo also nur auf einen einzelnen Hauptwirkstoff hin optimiert wurde, vielfach gut funktionieren. 

Zu beachten ist freilich, dass gerade bei der Kamille auch öfter allergische Reaktionen oder andere Unverträglichkeiten auftreten können. Und längst nicht Jede und Jeder mag den Geruch oder Geschmack der Kamille. 

Wenn Du zu den Menschen gehörst, die bei leichten bzw. typischen Erkältungskrankheiten nicht gleich zum Arzt gehen, sondern erst mal mit eigenen Hausmitteln sich selbst zu helfen versuchen, dann bedenke: Kamille - trotz ihrer großen Bekanntheit, ist nicht die einzige Heilpflanze für Erkältungskrankheiten. Idealerweise solltest Du ein Gefühl dafür entwickeln, um welche Art von Prozessen es bei Dir geht, ob etwas Aufflammendes gedämpft werden soll, ob die Reorganisation von Wärmeprozessen im Vordergrund steht, die Herstellung einer Grundordnung eher gefragt ist oder ähnliches. Schau Dir hierzu die Artikel zum Holunder und zur Schafgarbe an.  

Die seelischen Wirkungen der Kamille

Botanisch heißt die Kamille Chamomilla matricaria recutita. Das Wort matricaria bedeutet so viel wie 'mütterlich'. Nicht nur die Namensgeber empfanden, dass von ihrem Anblick - und auch von ihrem Duft - eine Qualität mütterliche Sanftheit ausgeht. Im Besänftigen liegt ihr eigentliches Wesen gegen alles Aufgekratzte, Überempfindliche, Hochsensible, Überhitzte.

Diese Charakterisierung erlaubt, die Pflanze sehr intuitiv einzusetzen. Wenn Krampfzustände z.B. Ausdruck einer übersteigerten Sinnesempfindlichkeit sind, ist die Kamille die Heilpflanze der Wahl. Solche überempfindlichen Menschen leiden oft an einer überhöhten Schmerzempfindlichkeit, fühlen sich zum Teil auch zu wenig geborgen, brauchen im Grunde Bemutterung, dass es ihnen besser geht.

Bisweilen wird Kamille auch als Teil in pflanzlichen Schlaftees beigemischt. Als Ein- und Durchschlaf-Unterstützerin ist sie vor allem dann hilfreich, wenn ein Gefühl von Entborgenheit die Ursache der Schlafstörung ist. Wenn ein bisschen das Gefühl vorherrscht, aus der Welt gefallen zu sein, zu wenig Halt zu haben, zu wenig Urvertrauen, auf der Hut sein zu müssen, für viel zu vieles selbst verantwortlich zu sein, dann kann die Kamille segensreich unterstützen.

Vermutlich liegt in der mütterlichen Qualität auch ein wesentlicher Grund, warum die Kamille quasi zur Königen der Heilpflanzen aufgestiegen ist. Es waren - und sind's wohl noch immer - zumeist die Mütter, die kranke Kinder gepflegt haben. Und wenn die Mutterinstinkte intakt sind, vermitteln Mütter in solchen Pflegesituationen ein Urvertrauen, eine Sanftheit, ein Wiegen in Geborgenheit und damit die seelische Verlässlichkeit, dass alles gut werden wird. Ins Pflanzliche gewendet leistet ähnliches die Kamille. 

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