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Die Heilpflanze für's Grobe

Gelber und blauer Enzian im Vergleich

Gelber und blauer Enzian im Vergleich

Als ich als Kind mal zusammen mit mehreren Erwachsenen bergwandern war und auf der Hütte hörte, dass sich jemand nach dem Essen einen 'Enzian' bestellte, war ich sehr erstaunt. Enzian kannte ich nur als kleine, wunderschön blau blühende und unter Schutz stehende Gebirgspflanze, recht berühmt - aber nicht als Getränk. Meine Vorstellung war dann für lange Zeit, dass aus diesen kleinen Pflänzchen ein Schnaps gebraut würde. 

Weit gefehlt. Der heilkräftige Enzian - botanisch gentiana lutea - ist gelb. Und groß. Bis zu 1,5 m kann er in die Höhe wachsen. Außerdem sieht er deutlich anders aus als die allermeisten der 300-400 anderen Enzianarten. 

Nun sind Heilpflanzen immer jene Pflanzen, die aus dem Durchschnittlichen oder Normalen der jeweiligen Pflanzenfamilie durch bestimmte Exzentrizitäten hervortreten. Daran fehlt es gentiana lutea nun beileibe nicht. 

Die Wurzel des gelben Enzians

Die Wurzel des gelben Enzians

Die Pflanze wächst vornehmlich, wie die meisten Enziane, im Hochgebirge. Das Licht ist hier besonders intensiv, die Luft sehr klar und nachts auch ziemlich kalt; es ist eine raue Witterung, und die Vegetationsperiode währt nur kurz. Um beständig in ihrer wuchtigen Größe überleben zu können, hat die Pflanze ein kräftiges Rhizom, d.h. eine unterirdische Sprossachse als Speicherorgan entwickelt nebst einem starken Wurzelwerk. 7-10 Jahre braucht diese Brecher-Pflanze, ehe es zum ersten mal blüht.

Blattrosette einer jungen Enzian-Pflanze

Blattrosette einer jungen Enzian-Pflanze

Zuvor bildet sie, zaghaft erst und dann immer weiter ausbreitend, eine flache, derbe Blattrosette. Schon das ist ungewöhnlich, denn normalerweise leben sich die Mitglieder dieser Pflanzenfamilie in der Blütengestaltung aus, hier aber sind die Blätter dominant.

Wenn die ersten Keimblätter einer frisch gesäten Pflanze aus dem Boden kommen, sehen sie, anders als bei den meisten Pflanzen, genauso aus wie die späteren richtigen Blätter. Die Ausgestaltung bleibt also extrem simpel, fast rustikal, wenn man das so sagen darf. Alles wird nur breiter, mächtiger, bis ... ja bis dann irgendwann die Zeit für die Blüte reif ist.

Chaotische Blütenstände des Gelben Enzians

Die chaotisch anmutenden Blütenstände

Dann werden die immer kreuzweise übereinanderliegenden Blätter wie ein Fahrstuhl nach oben gehoben, stockwerkartig, und in den oberen Etagen bilden sich dann Blütenquirle. Diese sehen allerdings für eine Pflanzenfamilie, die so viel Kunstfertigkeit in der Blütengestaltung vorweisen kann, sehr ungeordnet und ruppig aus. Nicht schön symmetrisch nebeneinander geordnet, sondern wie eruptiv und unsortiert aus den umhüllenden Blattschalen hervorgebrochen.

"Blau, blau, blau blüht der Enzian" heißt es im Schlagertext. Gentiana lutea ist gelb. Das in der Familie so dominierende Azurblau ist in diesem Fall nicht etwa nur abgeschwächt oder verblasst wie z.B. beim Tausendgüldenkraut (auch ein Enziangewächs), sondern bis in die Gegenfarbe hinein verkehrt. Die aufwallenden erdigen Kräfte dominieren hier über die eher begrenzenden, strukturierenden Kräften des Lichtes. 

Vergleicht man die Blüten mit anderen Enziangewächsen, ist man überrascht, dass die Blüten nicht die typische Glockenform. Eigentlich sind es Glocken, aber die Einkerbungen sind bis zum Grund einfach zerteilt. 

Zerteilung ist denn auch das Leitmotiv für die Pflanze, ausgedrückt auf die vielfältigste Weise:

  • in den auseinandergeklappten mächtigen Blütenblätter, anfangs parallel in der Blattrosette aufstiegen und sich dann nach rechts und links zerteilten. 
  • in den etagenartig übereinander gestockten Blütenständen (Blütenstand, Unterbrechung, Blütenstand, Unterbrechung usw., nach oben hin kleiner werdend).
  • in den Blütenständen selbst, die wie durchgequirlt, also zerteilt aussehen
  • und in den Einzelblüten mit ihren bis an den Grund zerteilten Glockenblüten. 

Die Heilwirkungen des Gelben Enzians 

Die Wurzel ist das Kraftzentrum der Pflanze, denn das Wurzelhafte, Grobe zieht sich bis hinauf in die Blütenbildung. Sie ist also der Teil, der für Heilmittelherstellungen verwendet wird. 

Normalerweise entsprechen die Pflanzenteile einem auf dem Kopf stehenden Menschen mit den Geschlechtsorgangen - also den Blüten - oben, dem rhythmischen System - die Blätterordnung, beim Menschen also Lunge, Atmung, "Organuhr" usw. - in der Mitte und dem regierenden Zentrum im Boden - also die Wurzel bzw. beim Menschen der Kopf. Folglich sollte eine Wurzelzubereitung eher die Bewusstseinsbereiche des Menschen ansprechen. Weil aber jenes Wurzelhafte sich bis in die Spitze der Pflanze durchzieht und eine so starke Wurzelbildung auch mit viel mit dem Element Erde zu tun hat, auf den Menschen also übertragen mit Verdauung, liegen die Heilwirkungen des Enzians klar in einer Verdauungsanregung. 

Die starke rhythmische Organisation der Pflanze verweist darauf, dass sie so etwas wie eine Durchatmung der Verdauungsorgane bewirkt. Wenn Verdauungsprozesse stocken, bricht sie diese Stockungen auf. Sie hilft, die Nahrung besser aufzuschließen, zu zerteilen, was durch eine Anregung der Lebertätigkeit geschieht. Falls verdauungsbedingte Kopfschmerzen auftreten, können auf diese Weise auch diese gelindert oder beseitigt werden (quasi über Bande gespielt). Müdigkeit, gar Ohnmachtszustände, Schwindel u.ä. können da nicht Platz greifen.

Selbst Krampfadern können verschwinden (oder zumindest kann ihre Ausweitung gebremst oder gestoppt werden); auch sie sind ja eine Art von Stockung. Die ganze vitale Organisation wird aufgemischt, was sich auch daran zeigen kann, dass man nicht mehr so oft kalte Füße oder kalte Hände hat - falls das mal häufiger vorkommt. 

Die seelischen Wirkungen des Gelben Enzians

Die Anregung hat natürlich auch etwas mit dem extrem bitteren, wenn auch nicht lange nachhaltenden Geschmack zu tun (der Wermut, der hinter dem Enzian als die zweitbitterste Pflanze gilt, lässt seine Bitterkeit sehr viel länger nachklingen). Solcher Bitterkeit gegenüber kann man kaum neutral bleiben. Manche Menschen schütteln sich, empfinden solche Bitterkeit als Herausforderung, aber in diesem Sinne auch irgendwie gut. Man neigt dann dazu, sich ziemlich aufrecht hinzusetzen, dem Bitteren zu trotzen. Diese Tendenz zur inneren Aufrichtung hat immer etwas mit Ich-Stärke zu tun. Ich-Stärke meint keinesfalls Egoismus, sondern Selbstbehauptung, einen eigenen Stand haben ... und vertreten. Wer also gefühlt oft geduckt durch's Leben geht, schüchtern, ängstlich, zu harmonierlich, der nicht recht durchgreifen kann, für5 den leistet der Gelbe Enzian beste Dienste.

Dazu ist es gut, die Pflanze in wesensgemäßer Zubereitung einzunehmen, und dies am besten auch über 1-2 Monate. Die seelischen Wirkungen sind ja nie Switches von heute auf morgen, sondern ein Ein- oder Ausvibrieren von bestimmten seelischen 'Schwingungen' oder Gestimmtheiten. Man muss sich also ein bisschen eingrooven. Ggf. einfach ausprobieren... und am besten einen Kommentar hinterlassen, wie Deine Beobachtungen dazu sind. 


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