Energien nach innen gewendet

Junger Wermutstrauch

Zwei junge, dunkelgrüne Wermutsträucher

Ein kleiner Blick in die Geschichte

Seine Bekanntheit ist groß, jedenfalls vom Namen her. Genauer gesagt: von seinem botantischen Namen her. Im Fachjargon heißt Wermut 'Absinthium'. Und Absinth war Jahrzehntlang ein absolutes Modegetränk, eine Künstlerdroge im 19. Jahrhundert. Vielleicht wurde er durch seine leuchtend grüne Farbe so berühmt, vielleicht auch durch seine besondere Mischung aus Bitterkeit und intensivem Aroma - wer weiß das schon. Jedenfalls etablierte sich im 19. Jahrhundert in vielen französischen Metropolen 'die grüne Stunde'. Da wurde dann zwischen 17 und 19 Uhr - hipp, modisch und stilvoll - Absinth gesöffelt. 

Eingeführt und popularisiert hatten das grüne Getränk die französischen Soldaten im besetzten Algerien. Dort waren nämlich die hygienischen und sanitären Bedingungen so schlecht, dass regelmäßig Epidemien ausbrachen. Die Militärärzte versuchten dem Umstand mit einer Mischung aus Wein, Wasser und Absinth zu begegnen, möglicherweise nicht ganz ohne Erfolg (das weiß ich leider zu wenig). Zumindest mal waren die Ärzte auf der richtigen Spur, ahnend, dass nicht allein der Alkohol (im Wein) mit seiner desinfizierenden Wirkung krankheitsverhindernd sei, sondern eben jener Absinth mit seiner Durchdringung und Bitterkeit den eigentlichen Schub für die Gesunderhaltung brachte. 

Durch den bald gesellschaftlich exzessiven Absinthgenuss geriet das Getränk irgendwann (in Zusammenhang mit einem Mordfall) sehr in Verruf - wie man heute weiß: zu Unrecht. Vermutet wurde, dass das im Wermut enthaltene, leicht giftige Thujon, viele Absinthtrinker in die Vereinsamung und eine heruntergekommene Existenzen führte. Aber dafür war der Thujongehalt zu gering. Richtig ist eher, dass der gute Geschmack zu einem überbordenden Alkoholkonsum führte, der dann seine entsprechende Wirkung tat. 

weißfilziger Wermut

So 'versteckend' weißlich kann der Wermut werden

Imposanter Strauch, leicht übersehbar

Die Pflanze als solche kennen freilich nur wenige Menschen. Schließlich ist der Wermut in der freien Natur nur selten anzutreffen, und wenn, dann übersieht man ihn leicht. Eigentlich erstaunlich, wo er doch zu einem dichten, üppigen Busch heranwachsen kann mit einem sehr intensiven, tiefdunklen Blattgrün. Das versteckt er allerdings gut. 

weißliche Behaarung des Werlmuts unter dem Mikroskop

Blattbehaarung - 50fach vergrößert

Alle Blätter, die sich überraschend weich anfühlen, sind mit einer weißlichen Filzbehaarung bedeckt. Sie 'lockern das Licht auf' und so fällt die Pflanze viel weniger ins Auge.  

Diese Unscheinbarkeit bleibt selbst dann noch bestehen, wenn der Strauch in die Blüte geht. Er blüht wirklich reichlich, und er blüht gelb - beides Merkmale, die eigentlich auffallen sollten. Tut's aber nicht - weil er auch seine Blütenpracht alles andere als zur Schau stellt.  

Wie Sonnenblume, Ringelblumen, Gänseblümchen, Löwenzahn usw. gehört auch der Wermut zur Familie der Korbblütler. Viele Miniblütchen bilden einen Blütenkorb, der bei den meisten Korblütlern von so genannten Randzungenblüten eingefasst ist. Dann wirkt der gesamte Blütenstand wie eine einzige Blüte, obwohl es in Wirklichkeit ein ganzes 'Blütenbeet' ist. Normalerweise neigen Korbblütler dazu, ihre Blüten zur Sonne auszurichten und sich in ihrer Pracht darzustellen, auszubreiten. 

Wermutblüten

die gesenkten Blütenköpfchen - ohne Rand-Zungeblüten in blassgelb

Auch die Blüten wenden sich 'nach innen'

Nicht so der Wermut. Bei ihm fehlen die Rand-Zungenblüten (ähnlich wie bei Disteln) und sie wirken überaus schmucklos. Sie sind erstaunlich klein und: Sie hängen nach unten!!! Sehr ungewöhnlich. Eigentlich sollte es ein evolutionärer Vorteil sein, die Blüten der ganzen Bienen- und Insektenwelt zu zeigen, auf dass sie zur Bestäubung vorbei kommen. Nix da. Und auch in der Farbe hält sich der Strauch sehr zurück: Kein leuchtendes, sondern ein blasses Gelb, als wäre das Leuchten nach innen verschluckt. 

Das ist natürlich eine steile Behauptung, aber für den Duft gilt genau dies. Im Regelfall sind die Blüten der Ort, wo sich die Pflanze verströmt, so sie Düfte oder Lockstoffe bilden. Hier aber duften die Blüten nur minimal, wenn überhaupt. Stattdessen ist der Duft nach innen quasi eingesogen, ins Blattwerk und macht sich dort als das bekannte, sehr intensive Aroma bemerkbar.  

Gleichzeitig schmecken die Blätter überaus bitter. Der berühmte Wermutstropfen ist eine Bitterkeitserfahrung, oft auch als seelisch schmerzhafte Erfahrung. Bitterkeit und intensives Aroma kommen im Pflanzenreich nur sehr selten vor. Der Wermut bildet da eine Ausnahme. Die Bitterkeit spricht für eine starke Verbindung zum Element Erde und für Energetisierung. Denn Bitterkeit ist immer irgendwie herausfordernd. Sie lässt uns nie wirklich neutral und unbekümmert zurück, sondern weckt eine Wehrhaftigkeit in uns (weshalb ganz allgemein auch immer von 'bitterer Medizin' im Volksmund die Rede ist).  

Der Grad der Bitterkeit lässt sich nur schwer bemessen - nicht so wie Säure, die rein chemisch definiert ist. Bitterkeit beruht auf dem Empfinden des Menschen, und um sie irgendwie bemessen zu können, hat man sich als Maß das Verdünnungsverhältnis ausgedacht, in dem die Bitterkeit gerade noch spürbar ist. Der gelbe Enzian rangiert auf dieser Skala ganz oben, gefolgt vom Wermut. Wer aber Enzian-Tinktur und Wermut-Tinktur mal direkt miteinander vergleicht, wird ganz klar dem Wermut die größere, viel nachhaltiger und tiefer dringende Bitterkeit zuschreiben. Der Bittergeschmack des Enzians ist nach einigen Sekunden verflogen, der des Wermut hält sich hingegen viele, viele Minuten. Manche mögen das, andere überhaupt nicht. Letzteren ist die Herausforderung oder Konfrontation zu krass.  

Die physischen und seelischen Wirkungen des Wermuts

Der Wermut-Typus als Mensch ist jemand, der durch leidvolle Erfahrung (das kann Krankheit sein, aber auch seelischer Schmerz), etwas in sich hineingefressen hat, nicht ausspricht. Manchmal äußert sich das in Verbitterung (muss aber nicht). Auf physischer Ebene kann sich das in der Stauung von Gallensäften (also Verdauungssäften, da Dinge 'unverdaut' bleiben) ausdrücken. Der Wermut ist die Pflanze, die damit sehr vital umgehen kann.

Energetische Durchdringung beschreibt die Wirkung des Wermuts am besten, selbst wenn der Begriff kein wissenschaftlicher ist. Man kann aber sehr gut damit arbeiten. Was im Körper passiert, ist vergleichbar mit einer allgemeinen Mobilmachung im Staat. Die Blutbildung wird angeregt, ebenso die Verdauung - und hier vor allem die Gallentätigkeit, der Kreislauf wird gestärkt usw. Stärkung, das klingt ziemlich allgemein und vielleicht ein bisschen zu harmlos für das, was er tatsächlich leistet. 

Gerade wenn man eine Krankheit durchgestanden hat, ist der Wermut ein geniales Rekonvaleszenzmittel. Ähnliches gilt, wenn eine Krankheit im Anzug hängen sollte. Die ganzen Erbauungskräfte werden zusammengerafft, quasi als wäre ein Motivationstrainer für die innere Energieorganisation am Werk. Man fühlt sich nach relativ kurzer Zeit deutlich kraftvoller, wacher, präsenter, physisch und seelisch. Zustände der Schwäche, sei es durch seelische Tiefphasen oder durch schlechtes, schwach machendes Essen, werden vom Wermut wieder wie wachgerüttelt. 

Empfohlen wird Wermut insbesondere auch zur Prophylaxe als auch in der Genesungsphase von Covid19. Zwar gibt es hierzu bisher kaum wissenschaftliche Untersuchungen, aber viele Heilpraktiker berichten hier von sehr guten Erfahrungen. In alternativmedizinischen Kreisen wird es zu den Standardmaßnahmen gezählt (optimal ist hier die Ceres-Absinthium-Urtinktur). Einen Versuch ist es allemale wert. Nebenwirkungen sind bei Heilpflanzen-Präparaten nur in den allerseltensten Fällen zu befürchten. Überdosierungen verbieten sich aufgrund der starken Bitterkeit hier von selbst. Man kommt bei den angeratenen Dosierungen nie in den Bereich, wo die Giftigkeit schädlich wirken würde.   

Ich selbst empfehle Wermut gerne auch Menschen, die insgesamt in ihrer ganzen Konstitution ein bisschen 'zerlaufen', die zu weich sind, zu harmoniebedürftig, die nie in Auseinandersetzung gehen, die Konfrontation zu stark meiden, nicht 'kernig' und wehrhaft genug sind. Die es sich womöglich im Leben zu bequem eingerichtet haben und darüber träge und antriebsschwach geworden sind. Das ganze Leben macht dann weniger Spaß, da die Teilhabe am Leben zu tumb ist. Leider merken es oft gerade diejenigen kaum, die Wermut am dringendsten nötig hätten. 

Fazit

Wermut ist ein tolles Beispiel für eine Heilpflanze, die nicht sonderlich spezifisch 'gegen' bestimmte Erkrankungen wirkt, sondern viel ganzheitlicher die gesamte physische Organisation des Menschen erfasst und ihn 'erkraftet'. Man kann ihn ab und an zur Alltagsunterstützung begleitend einnehmen, in Schwächephasen oder eben um präsenter oder in einem guten Sinne energischer zu werden. Gut möglich, dass dies viele andere Vorbeuge- oder Behandlungsmaßnahmen erspart. Man geht dann einfach wacher und tatkräftiger, zuversichtlicher, energischer durch's Leben. 


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