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Verschließen von Wunden

Wuchernde Ringelblume

Eine einzelne Ringelblumenpflanze in ihrem wucherigen Wuchs

Die Ringelblume, botanisch Calendula genannt, ist nicht nur eine sehr beliebte Gartenpflanze, sondern auch eine der bekanntesten Zutaten bei vielen Wundheilsalben. 

Um ihrer Heilwirkung auf die Spur zu kommen, ist es wie so oft hilfreich, nach Zeichen zu suchen, die Zuordnungen zu den Elementen Feuer, Wasser, Erde oder Luft nahelegen. Bei manchen Pflanzen ist das wenig eindeutig, bei der Ringelblume aber ziemlich deutlich. Das auffällige, leuchtende Orange und die so gleichmäßige strahlige Anordnung der Zungen-Blütenblätter lässt auf eine Starke Beziehung zum Element Feuer (oder Licht) schließen. Das ungestüm Wucherige des Blatt- und Stängelwerks sowie die glattrandigen und saftvollen Blätter deuten auf eine nicht minder starke Verbindung zum Element Wasser hin. 

Wie sehr die Pflanze tatsächlich wuchert, offenbart sich so richtig erst im Verlauf ihres gesamten Lebenszyklus. Von einem kleinen Pflänzchen ausgehend, bilden sich mit der Zeit fortlaufend neue Verzweigungen. Die anfangs noch halbwegs aufrecht Stängel suchen sich immer mehr Ausweichmöglichkeiten, Es geht wild durcheinander, sie wird immer buschiger, die Stängel winden sich ein wenig - am Ende aber eines jeden Stängels begrenzt eine strahlige Blüte das weitere Auswuchern. Der Reichtum der Blüten ist damit auch Abbild für das wuchernde Blatt- und Stängelwerk. Wo immer sich eine Blüte zeigt, ist dort das Stängelwachstum zu Ende. Und dann wachsen anderswo neue Stängel. 

Das Wucherige erstreckt sich sogar über den gesamten Lebenszyklus. Wenn die kalten Tage kommen, friert die Pflanze ab. Frost verträgt sie nicht. Im Winter ist sie relativ rasch verschwunden (völlig anders als z.B. Johanniskraut). Im Folgejahr jedoch kommt sie mit vermehrter Wucht (hat auch mit Wucherung zu tun) zurück. So reich, wie sie sich in den Sommermonaten über lange Zeit aussät, kann diese wunderschöne Pflanze auch zur Plage werden. Es entstehen zahllose neue Pflanzen. Wer sich (wie ich in meinem Garten) dran versucht, alle verblühten Blütenköpfchen mal eine Saison lang abzupflücken, um die unmäßige Ausbreitung im Folgejahr einzudämmen, hat eine Art Vollzeitjob an der Backe. 

Das Wuchernde ist ja eigentlich eine vitale Kraft. Aber ohne eine zügelnde, strukturierende Gegenkraft verkehrt sie sich zumeist ins Gegenteil, führt zu Verfall - wie z.B. beim Krebs. Krebszellen für sich genommen sind hoch vital, aber ihre Zügellosigkeit reißt sie mit in den Abgrund. 

Strukturkräfte vs. Wucherung

Bedrohung vor Verfall gehört gewissermaßen zum gestaltprägenden Lebensthema der Ringelblume. Vielleicht ist es nicht nur Zufall, dass die Pflanze so anfällig ist für Mehltau. Zum Herbst hin gibt es kaum noch eine Ringelblume, die nicht davon befallen wäre. Und noch eines weist auf die ständige Verfallsbedrohung hin - nämlich der Duft ihres Blatt und Stängelwerks. Wer mal ein Blatt zerreibt und daran riecht, wird eine Note von Verwesung feststellen. Als ich mal sehr viele Blütenkörbchen abgepflückt hatte und in einen Eimer geworfen hatte, kam mir von dort aus ein sehr unangenehmer, von Verfall gekennzeichneter Geruch entgegen. 

Ringelblumen-Blüte

Die hoch geordnete feuerfarbene Blüte

All dies erfordert nahezu zwingend einen ebenso starken ausgleichenden, ordnenden und strukturierenden Gegenpol. Dieser ist verkörpert in der Blüte. 

Die Blüte mit ihren extrem vielen feinen, leuchtend orangenen oder gelben Zungenblüten wirkt nicht zuletzt deshalb so unglaublich schön, weil sie quasi der Inbegriff von Ordnung und Struktur ist. Sie dominiert, allein schon der Farbe wegen, das Aussehen der Pflanze - obwohl die Blüten ja nur den kleineren Teil der Pflanze ausmachen. Rein intuitiv hat man das Gefühl, dass jene Strukturkraft eine von außen und oben einstrahlende Kraft sei, während das Wucherige, Wässerige von unten und innen her aufsteigt. 

Vergleich Blatt und Blütenblatt

Vergleich der mikroskopischen Struktur von Blatt und Blütenblatt

Der Kontrast beider Pole beherrscht die Pflanze bis hinein ins Mikroskopische. Auf der Blattoberfläche sieht die Zellstruktur, verglichen mit den meisten anderen Pflanzen, ungewöhnlich chaotisch aus, auch ziemlich wässrig und glasig. Das Blütenblatt offenbart das genaue Gegenteil: Die Zellen sind sehr gleichmäßig in parallelen Streifen angeordnet, völlig gerade Linien, klare Struktur - wie überhaupt der ganze Blütenstand. Es gibt ja nicht viele Pflanzen, die Blüten mit dermaßen vielen Blütenblättern haben. So zahlreich gelingt es nicht, sie nur nebeneinander anzuordnen wie etwa bei der Kamille, sondern sie liegen mehrlagig übereinander. Und alles sehr exakt und symmetrisch geformt. 

Verschließen und Abdecken des Unbelebten

Diese Blütenblätter sind botanisch gesprochen so genannte Zungenblüten-Blätter. Wie Kamille, Gänseblümchen, Sonnenblume etc. gehört die Ringelblume zur Familie der Korbblütler, d.h. was als einzelne Blüte erscheint, ist in Wirklichkeit ein ganzes Blütenbeet voller winziger Einzelblüten. Jene Rand-Zungenblüten bilden später Samen, während das Blütenfeld in der Mitte nur unfruchtbare Blüten enthält. 

Das ist erstaunlich, dass eine Pflanze sich quasi die 'Mühe' macht, eine eigene Blütenform hervorzubringen, die schlussendlich aber nichts zur Fortpflanzung beiträgt. Bei der Rosskastanie ist das ganz ähnlich. 

Man muss sich ein bisschen davon lösen, dass die belebte Natur nichts anderes 'im Sinn' hätte als ausschließlich ihre Vermehrungs- und Überlebensrate zu optimieren. Sicher ist das ein wichtiges und auch gestaltprägendes Prinzip, aber eben nicht das einzige. Eine Pflanze lebt in erster Linie ihren Selbstausdruck - wie alles Leben. Und bei der Ringelblume gibt es einen sich fast zu Tode wuchernden Lebensdrang, der von einem streng strukturierendem Pol schlussendlich wieder im Zaum gehalten wird. 

Wie wunderbar sich dieses darstellt, zeigen die Blüten, wenn sie verblühen. Nur die Randzungenblüten bilden Samen, und diese krümmen oder 'ringeln' sich alsdann über die unfruchtbare Stelle, überdecken bzw. verschließen sie. Das Unfruchtbare wird von diesem 'Energiefeld' überlagert und abgedeckt. 

Härchen am Stängel

Stängel-Härchen

Ziemlich Ähnliches lässt sich letztendlich sogar im Blatt- und Stängelwerk beobachten. Wie oben schon gesagt, geht von Blättern und Stängeln ein Duft von Verwesung aus. Gleichzeitig aber gibt es an ihrer Oberfläche kleine Härchen, die einen balsamischen, verklebenden Saft absondern. So wird auch hier die im Duft angezeigte Verfalltendenz überdeckt und (im positiven Sinne) verklebt. Es ist somit im Kern derselbe Gestus wie bei der Blüte. 

Die Heilwirkung der Ringelblume

Das Bild könnte kaum anschaulicher sein. Die aus Ringelblumen hergestellte Arzneien, häufig Salben, aber auch Tinkturen, sind geeignet, schlecht heilende und eiternde Wunden zu verschließen. Vielfach verheilen mit ihrer Hilfe die Wunden narbenfrei, wo ansonsten ohne Ringelblumen-Unterstützung Narben entstehen würden.

Konkrete Anwendungsmöglichkeiten sind ferner Erfrierungen, Verbrennungen, Sonnenbrand, Hautentzündungen aller Art, insbesondere auch solche, die durch Kontakt mit Feuerquallen oder dem Eichelprozessionsspinner zustande gekommen sind (und in der Regel nur sehr langsam und langwierig heilen), offene Beine, Windeldermatitis, Wundliegen, Entzündungen der Mundschleimhaut, gesprungene Lippen und vieles in dieser Art. 

Man könnte meinen, dass zur Hautbehandlung immer Salben das Mittel der Wahl seien. Aber das stimmt nicht so absolut. Von der Ceres-Calendula-Urtinktur hat mir eine Bekannte berichtet, dass ihr auch die orale Einnahme der Tinktur entscheidend geholfen habe. Beides zu tun, ist vermutlich das Beste: Die Wunde mit verdünnter Urtinktur betupfen und 5 Tropfen einnehmen. Der Heilungsprozess wird dann quasi von innen und außen gleichermaßen unterstützt. Die Bekannte war jedenfalls selber über den Erfolg der bloßen Einnahme sehr erstaunt. 

Hämorrhoiden, Gesichtsrose, zum Teil sogar Angstzustünde, wenn sie aus einer Unruhe von Heftigkeit und Aufwallendem herrühren, wenn sie 'Balsamisches' brauchen, können mit der Einnahme von Ringelblumen-Tinkturen unterstützend behandelt werden.  

Wenn Du eigene Erfahrungen damit machst oder gemacht hast, schreibe es mir doch bitte im Kommentar. Auch andere profitieren dann davon. 



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